Geschichte
Der Ursprung und das wirkliche Alter der Bartkaninchen ist bis heute noch nicht bekannt. Lediglich aus der Überlieferung ist bekannt, dass im Jahre 1956 der Belgier Raoul Verwulgen in Mittelfrankreich im Departement Limousin (siehe Bild) die ersten Bartkaninchen entdeckte und einige Tiere mit nach Belgien nahm und mit diesen züchtete. 1961 wurde erstmalig unter dem Namen "Genter Bartkaninchen" (Gentse Baarden) die Bartkaninchen ausgestellt und erhielten grosse Aufmerksamkeit. Aus eher privaten Gründen hat der Züchter Verwulgen die geplante Aufnahme in den Belgischen Standard und die weitere Verbreitung nicht unterstützt und in den darauf folgenden 20 Jahren geriet das Bartkaninchen in Vergessenheit und existierte nur noch bei wenigen Züchtern.
Raoul Verwulgen (Foto Bert Driessen)
Erst als sich 1982 Ronny de Clerq von der Stiftung "Lebendiges Erbe" in Zingem (Belgien) sich der Bartkaninchen annahm, hat durch strenge Selektion die Anzahl der Tiere wieder zugenommen.
Anfang der 90er Jahre war Eric Meeus aus Duffeln der einzige bekannte belgische Züchter, der noch wenige reinrassige Exemplare dieser Kaninchen hielt. Der damalige Direktor des Haustierparks Warder in Schleswig-Holstein, Dr. Jürgen Güntherschulze, erkannte die Einzigartigkeit dieser Haustierrasse und holte 1992 zwei Zuchtpaare nach Deutschland mit dem Ziel, diese Rasse vor dem Aussterben zu bewahren. In Zusammenarbeit mit der GEH, Dr.Güntherschulze, Ronny de Clark und Fritz-Günther Röhrßen wurden weitere Importe vorgenommen. Die Nachzuchten wurden auf verschiedene ARCHE-Höfe der GEH verteilt um das Aussterben bei eventuellen Krankheiten zu reduzieren.
Konjin wurde im Frühjahr 2002 aus Belgien importiert.
Drei Zuchttiere kamen 1998 auf den ARCHE-Hof von Peter Neugebauer nach Südbayern in die Nähe von Braunau am Inn. Wie sich später beim Vergleich mit den Ursprungstieren aus dem Norden zeigte, hatten die bayerischen Bartkaninchen in Bezug auf Farbe und Mähnen- wachstum eine ganz eigenständige Entwicklung durchgemacht. Die Nachkommen aus diesen Verpaarungen hatten eine auffallend rötliche Deckfarbe, keine Fehlfarben vererben und durchaus eine üppige Mähne. Aus Krankheitsgründen musste Peter Neugebauer die Zucht von Bartkaninchen im Herbst 2000 aufgeben und Günther Färber aus Pfarrkirchen widmete sich fortan dem Erhalt der Bartkaninchen.
Die ältesten bayrischen Bartkanichen von denen Fotos existieren, sind Rammler Fritz, geboren 2000 (7/2005 gestoren) aus der Zucht von Günther Färber, Pfarrkirchen
und Häsin Mimi, geboren 2001 (gestorben 6/2005) von Familie Weikl, Passau.
Von den Nachzuchten der ursprünglich aus Belgien importierten Bartkaninchen stammen alle heutige Bartkaninchen in Deutschland und Österreich ab.
Das Erhaltungszucht-Projekt:
Die ursprüngliche Absicht zur Erhaltung des Belgischen Bartkaninchens war es, aus den noch vorhandenen Tieren wieder einen überlebensfähigen Bestand aufzubauen - ging es doch darum, eine vom Aussterben bedrohte Rasse, von der offenbar nur noch wenige "reinrassige" Tiere erhalten waren, zu retten.
Leider war diese Absicht aus mehreren Gründen nicht durchführbar:
· weibliche zuchtfähige Bartkaninchen waren nicht mehr bzw. nicht in genügender Anzahl verfügbar
· Die meisten noch vorhandenen Tiere waren eng miteinander verwandt, Inzuchtschäden waren die Folge
· Es gab fast keinen lebensfähigen Nachwuchs mehr, es traten verstärkt Missbildungen auf, die Nachkommen wurden immer kleiner, die Vitalität liess stark nach
Daher ging kein Weg daran vorbei, ein zweites Standbein aufzubauen, und dazu war leider die Einkreuzung einer anderen Rasse nötig. Warum gerade Graue Wiener?
· Es ist ein "neutrales" Kaninchen ohne rezessive Erbfaktoren in der Fellfarbe
· in Körpergröße und Körperbau ist es dem Bartkaninchen ähnlich
An dieser Stelle muss verdeutlicht werden, dass es nicht darum gehen sollte, das Bartkaninchen durch diese Einkreuzung zu "verbessern", denn man hätte es damit ja auch verändert und vom Ursprung entfernt, und das wäre eine Verschlechterung im Sinne der Erhaltung des genetischen Potenzials.
Daher wurde danach mit ursprünglichen Bartkaninchen rückgepaart, um das "geparkte" genetische Potenzial zu reaktivieren und den Einfluss der eingekreuzten Rasse wieder zu verdrängen. Die Kreuzungstiere aus dem Erhaltungszuchtprojekt wurden durch Kennzeichnung und zuchtbuchmäßige Erfassung dokumentiert.
Glücklicherweise tauchten jetzt noch "neue" Rammler auf, so dass die Gefahr einer erneuten Inzucht umgangen werden konnte. Damit waren jetzt sogar ganz neue Kombinationen, z. B. die Zusammenführung zweier verschiedener Rammler-Linien, möglich.
Unabhängig davon wurde auch die Weiterzucht mit den noch vorhandenen Kaninchen ursprünglicher Herkunft, also ohne Wiener-Einfluss, weiter betrieben, soweit es ging.